Request-to-Pay.


REGULATORIK / RAHMENBEDINGUNGEN BEI ZAHLUNGSINITIIERUNGEN MIT REQUEST TO PAY (RTP)

Bereits seit dem Jahr 2016 gibt es Bestrebungen seitens des Regulators und Vertretern der Rechnungsanbieterseite zur Umsetzung eines R2P-Abwicklungsprozesses.2

Eine darauf aufbauende Erweiterung der Zahlungsaufforderung wurde im November 2018 durch das Euro Retail Payments Board (ERPB) in einem Workshop gestartet. 

Unter Leitung des European Payment Council (EPC) wurde daraufhin eine Arbeitsgruppe gegründet, um sich mit den Auswirkungen und der Erstellung eines Regelwerks zu befassen. Der Zeitplan des EPC sah dabei nach Abschluss des initialen Regelwerks im Mai 2020, eine anschließende Konsultationsphase des Regelwerks vor, welche bis Ende August dieses Jahres abgeschlossen wurde. Die Überarbeitung und Publikation des finalen Regelwerks, ist aktuell für November 2020 vorgesehen.

Offene Diskussionspunkte sind derzeit vor allem noch die Erarbeitung der Datenformate („Implementation Guidelines“), Fragestellungen zum Beitrittsprozess für Marktteilnehmer (z. B. Teilnahme-/ Aufnahmebedingungen) und die Erarbeitung eines Risiko-Management Anhang (RMA), welcher für den Sommer 2021 angestrebt wird.

Technik / Funktionen

Die Hauptakteure im klassischen R2P-Abwicklungsprozess lassen sich im bekannten 4-Parteien-Modell wie folgt darstellen.

Abb.: RtP im 4-Parteien-Modell


Das Abwicklungsmodell orientiert sich dabei primär anhand der involvierten Akteure. Somit sind für die Umsetzung auf Basis der EBA Clearing Infrastruktur drei Ansätze denkbar:

  • 4-Parteien-Modell (Payee, Payer & 2 PSPs),
  • 3-Parteien-Modell (Payee, Payer & 1 PSP),
  • 2-Parteien- oder Direkt-Modell (Payee & Payer).

Das aktuelle Regelwerk sieht eine Empfehlung der Abwicklung vor, die mittels dem internationalen Zahlungsverkehrsstandard ISO 20022 umgesetzt werden soll.

Abb.: Nachrichtenaustausch RtP


Für den Nachrichtenaustausch zwischen Payee und Payer können von den jeweiligen R2P Payment Service Providern (PSP) auch andere Austauschformate genutzt werden.

Weitere Funktionen wie z. B. Vorautorisierungen inkl. einer Zahlungsgarantie sind im aktuellen Entwurf ebenfalls bereits vorgesehen. Eine Nutzung von R2P im stationären Handel an einem Kassenterminal oder im Internet bedarf einer eigenen Implementierung.


2 Vgl. hierzu das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/55/EU über die elektronische Rechnungsstellung im öffentlichen Auftragswesen.

 

USER EXPERIENCE BEI ZAHLUNGSINITIIERUNGEN MIT REQUEST TO PAY (RTP)

Die UX aus Sicht des Payer hängt von der individuellen Umsetzung durch den PSP des Payer ab (i.d.R. handelt es sich hier um die kontoführende Bank). Lösungen können z. B. auf dem vorhandenen Online Banking oder auf einer Banking-/Payment-App basieren.

Eine Banking App ohne zusätzlichen Login ermöglicht eine UX, die in Verbindung mit einem NFC-fähigen Smartphone für den Einsatz am POS (Kassenterminal) tauglich erscheint. Bei einem zusätzlichen Login für die App wäre dies nicht gegeben. Online Banking- und App-Lösungen scheinen in jedem Fall für die Initiierung von Zahlungen für Online-Käufe gut nutzbar.

Aus Sicht des Payee bedarf es einer eigenen Implementierung. Diese kann technisch auf vorhandener Terminalinfrastruktur oder bestehenden eCommerce-Payment-Lösungen aufsetzen. Die UX in der Zahlungsinitiierung ist aus Sicht des Payee daher mit gängigen Zahlungsmitteln vergleichbar.

R2P ermöglicht durch die Übertragung zusätzlicher (Kauf-)Informationen unter anderem die Entwicklung neuer und/oder die Digitalisierung bestehender Funktionen und Prozesse mit UX-Vorteilen für alle Akteure.

Neben der reinen UX-Ausgestaltung besteht in Deutschland darüber hinaus noch die Herausforderung, der Marktdurchdringung auf Endkundenseite. In Deutschland liegen je nach Anbieter, die Durchdringung der Online-Banking Nutzer bei knapp 60%.3 Die Nutzung mobiler Dienste für die alltäglichen Banking Services sind hingegen etwas geringer mit 58% verbreitet. Ob sich an diesem Umstand durch die Corona Pandemie in kurzer Zeit etwas verändert, werden die nächsten Monate zeigen.

Sicherheitsstandards und damit die verbundene Sicherheitswahrnehmung lassen sich sowohl für Payer als auch Payee analog bestehender Zahlungslösungen gestalten.

Für beide Parteien ist die Verbindlichkeit / Widerspruchsfähigkeit der Abwicklung von besonderer Bedeutung. Hier gelten die Grundsätze des hinterlegten Zahlungsformates (z. B. SCT Inst). Dort fehlen Stornierungs- und Reklamationsfunktionen, wie man diese z. B. für einen falsch eingegebenen Zahlbetrag am Kartenterminal heute kennt.


3 Vgl. Statista zur Durchdringung von Online- & Mobile-Banking in Deutschland 2019


STRATEGISCHES POTENZIAL VON ZAHLUNGSINITIIERUNGEN MIT REQUEST TO PAY (RTP)

R2P ist ein weiterer Mosaikstein in der europäischen Zahlungsverkehrsstrategie. Zahlungsformate allein – das gilt auch für SCT Inst – stellen kein Zahlungssystem dar. Es braucht einen alltagstauglichen Zugang und Nutzen, um sich langfristig zu etablieren. Das früher liebevoll als „Gelbling“ bezeichnete Überweisungsformular erfüllt die heutigen Anforderungen auch nicht als digitalisierte Version im Online-Banking. Hier eröffnet R2P neue Möglichkeiten.

In Kombination mit einer guten App-Umsetzung und SCT Inst stellt R2P eine Alternative zum ELV dar. Und dies mit Zahlungsgarantie. Also ein POS- und eCommerce-taugliches Zahlungsmittel. Anders als bei ELV steht der Händlerseite aber noch keine Kontoschnittstelle zur Verfügung – bei ELV die EC-Karte. Händler, PSP und Acquirer hängen hier also noch von einer guten App-Lösung auf Seite der Kundenbank ab. 

Im Unterschied zu echten Zahlungssystemen fehlen ein alltagstauglicher Rückabwicklungsprozess (Reklamationsprozess) und eine Vergütungslösung für die kontoführende Bank des Payers (Interchange). Folgerichtig ist eine allgemeine Dispute-Lösung Teil der kommunizierten Europäischen Zahlungsverkehrsstrategie.

Bei Interchange Regelungen ist eine europäische Lösung nicht zu erwarten. Die im Vergleich zu internationalen Kartensystemen fehlenden Transaktionsgebühren könnten diesen Minderertrag jedoch zumindest teilweise auffangen.

Dies könnte der Grund dafür sein, dass sowohl große Handelsgruppen als auch die Europäische Zahlungsinitiative EPI, großes Interesse an einer Kombination aus R2P und SCT Inst zeigen.Während innovative Challenger-Banken bereits kurzfristig in der Lage sein könnten, entsprechende App-Lösungen umzusetzen, ist mit einer marktrelevanten Verbreitung auf Seiten der etablierten Payer-Banken eher in einem mittelfristigen Zeitraum von drei bis fünf Jahren zu rechnen.

Viel entscheidender wird jedoch die Verbreitung auf der Handelsseite sein. Dieser Aspekt hat zuletzt Initiativen wie Monnet oder paydirekt vor größere Herausforderungen gestellt.

Nimmt man die über lange Jahre etwa zu girocard gleichgewichtige Marktdurchdringung von ELV als Maßstab und berücksichtigt die Garantiewirkung von Instant-Payment sowie die eCom-Tauglichkeit von R2P, muss man R2P ein disruptives Potenzial im europäischen Zahlungsverkehrsmarkt beimessen. 


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